Leinblüten sind nicht nur wunderschön anzusehen, sondern auch ihre Anbau ist sehr interessant. Das weltweit führende Flachsanbaugebiet Haute Normandie hat dieser umweltfreundlichen Faser, die lange Zeit stark unter der Konkurrenz der Baumwolle litt, zu neuem Ruhm verholfen. Die normannischen Leinfelder erstrecken sich von der Steilküste des Pays de Caux bis zu den Wiesen des Departement Eure. Das vielseitige Verwendungsgebiet ihrer Faser reicht von Haushaltswäsche, über Pflegeprodukte bis hin zu kulinarischen Spezialitäten. Entdecken Sie das grüne Gold der Normandie!
Auf den Spuren der Geschichte im Ecomuseum
„C‘est juin qui fait le lin“ (dt. im Juni wächst der Lein) lautet ein altes normannisches Sprichwort. Es zeigt die große Bedeutung, die diese jahrhundertealte Kulturpflanze seit jeher für die Region hat. Im Pays de Caux wurde bereits im 13. Jahrhundert Lein (auch Flachs genannt) angebaut. In „La Ferme aux fil des saisons", einem Ecomuseum in der Nähe von Valéry-en-Cauxis, wird die Geschichte der Kulturpflanze mittels alter Werkzeuge von ihren frühesten Anfängen bis in die Gegenwart mit Informationen über neue Absatzmärkte geschildert. Denn Flachs ist überaus vielseitig verwendbar. Er wird ebenso zur Herstellung von Postsackleinen wie von Tennisschlägern genutzt. Eine ebenso faszinierende wie einzigartige Geschichte, die man im Ecomusée - Maison du Lin von Le Routot im benachbarten Departement Eure bewundern kann.
Ecomuseum Maison du lin (engl., frz.) La Ferme aux fil des saisons (frz.)
Leinen: ein nachhaltiges, vielseitiges Produkt
Die im 19.Jahrhundert aufgrund der starken Baumwollkonkurrenz schrumpfende normannische Flachskultur erlebt heute ihre zweite Blüte. Ihr Comeback verdankt sie vor allem dem zu 100 % nachhaltigen Leinanbau, ohne Bewässerung, ohne chemische Entlaubungsmittel und ohne Abfälle sowie ihrer widerstandsfähigen und wärmeregulierenden Faser, die Designer aus allen Bereichen inspiriert. Beispiel dafür sind die Haushaltswäsche der lokalen Marke Embrin, die vor vier Generationen von Leinbauern kreiiert wurde, Herrenhemden und Tischwäsche der Marke Isa Lin Créations sowie Kleidung von Partnermarken der Genossenschaft Terre de Lin oder Flachsmöbel und -blumentöpfe. Leinen hat ein unbegrenztes Verwendungspotential! 55% der weltweiten Leinproduktion stammen heute aus der Normandie.
Embrin (frz.) Terre de Lin (engl., frz.) Isalin Créations (frz.)
Leingenuss in all seinen Formen
In der Normandie hat Flachs auch in die lokale Küche Einzug gehalten: in Form seiner kleinen an Omega 3 fettsäurereichen Leinsamen. Jedoch handelt sich dabei um eine andere Flachssorte, nämlich Öllein anstelle von Faserlein. Aber dieses kleine Detail ist kaum mehr der Rede wert, wenn man die köstlichen regionalen Spezialitäten entdeckt: weißes Leinbier, das am Fuße des Schlosses von Richard Löwenherz gebraut wird, Fleisch von mit Leinsamen gefütterten Schweinen, das reich an (gesunden) Fettsäuren ist, mit Leinsamen überstreuten Käsespezialitäten wie der bekannte Neufchâtel, die älteste Käsesorte der Normandie oder Leinsamenbrot. Es gibt sogar Restaurants, die komplette Lein-Menüs anbieten, wie etwa in Doudeauville. Einfach köstlich!
Köstlicher Leinduft
Haben Sie schon von natürlicher Körperpflege aus Lein gehört? Mitten in der Region Pays de Caux produziert Savon D'ICI® unter Anwendung jahrhundertealter Kaltverseifungstechniken handgemachte Seifen, die zu 100 % aus der Normandie stammen. Eine der rein biologischen pflanzlichen Substanzen ist - wie könnte es in der Normandie anders sein - Leinöl. Die zart nach Bitterorange und Rosmarin duftende Seife „Apolline“ wurde als Hommage an die Flachsfelder der Region kreiiert und mit der aus Sommières-Tonerde und normannischen Raps- und Leinöl hergestellten, nach Teebaum riechenden Fleckenseife „Léon“ bekommt man selbst die hartnäckigsten Flecken aus den Kleidern!
Radtour entlang der Véloroute du Lin
Leinblumen blühen nur einen Tag. Sie öffnen morgens ihre Knospen und verwelken noch vor Sonnenuntergang. Insgesamt stehen die Leinfelder nur etwa zehn Tage pro Jahr in Blüte und das im Juni. Trotzdem ist die blaue Pracht der blühenden Flachsfelder, die allein im Departement Seine-Maritime fast 20.000 Hektar ausmachen, kaum zu übersehen, vor allem nicht für Frühaufsteher. Um tief in diesen blauen Ozean einzutauchen, geht nichts über eine Radtour auf der Véloroute du Lin. Der 75 Kilometer lange, meist autofreie „Voie Verte“-Radwanderweg schlängelt sich durch das Hinterland der Alabasterküste, vom kleinen Ort Pourville-sur-Mer bis zu den Klippen von Fécamp. Unterwegs bietet die Genossenschaft Terre de Lin in Saint-Pierre-Le-Viger eine wunderbare Gelegenheit für einen Zwischenstopp. Hier erfahren Sie wirklich alles über Flachs. Immerhin stammen nicht weniger als 15% der Leinweltproduktion aus dieser Gegend.
Normandie-Fahrradkarte und Broschüren (Küstenwege, Flachsradtour uvm.) Video Terre de lin
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Von Anne-Claire Delorme
Journalistin und Globetrotterin anneclairedelorme@yahoo.fr