Das ganze Jahr über werden die Meeresspezialitäten in Frankreich mit Festen geehrt – je nach Fischfang-Saison, Ernte und Savoir-faire, das von begeisterten, innovativen Fischern, Salzarbeitern, Austernzüchtern, Muschelzüchtern oder „Meeresgemüsebauern“ unter Bewahrung des Ökosystems weitergeführt wird. Zarte Jakobsmuscheln aus der Normandie, jodhaltige Algen aus der Bretagne oder zarte Seeigel aus Korsika – kommen Sie an Bord, um das kostbare Meeressalz in all seinen Formen zu verkosten.
Miesmuscheln und Heringe: frische Spezialitäten der Côte d'Opale
Jedes Jahr werden in Nordfrankreich (Hauts de France) auf dem großen Flohmarkt von Lille (frz. Braderie de Lille) an einem einzigen Wochenende Anfang September Tonnen von Miesmuscheln (mit Pommes Frites) verschlungen. Man muss dazu sagen, dass dieser Monat den Beginn der Miesmuschel-Saison markiert, welche man am besten in den Monaten mit „R“ genießen sollte (von September bis April), um Frische und Qualität zu garantieren. Die Nordsee hat zwar nicht das Produktionsmonopol in Frankreich (die Miesmuscheln „Moules de Bouchot“ – benannt nach dem Pfahl, an denen die Miesmuscheln befestigt werden – werden auch in der Normandie gezüchtet), die Gebiete der Miesmuschelzucht erstrecken sich von der belgischen Grenze bis zum Mont Saint-Michel. Unabhängig von ihrer Herkunft sind Bouchot-Muscheln das erste französische Produkt, das 2013 das Gütesiegel „Spécialité Traditionnelle Garantie“ erhalten hat. Aber woran erkennt man sie? An ihrer glänzenden, schwarzen Schale, ihrem creme- bis gelb-orangefarbenen Muschelfleisch und vor allem an ihrem zarten, aromatischen Geschmack! Mit Marinade, Sahne, Knoblauch oder Curry... eine Köstlichkeit, auf die sich viele Restaurants spezialisiert haben!
Ein weitere Spezialität ist der Hering mit seinem blaugrün leuchtenden Rücken und silbernem Bauch, der „Königsfisch“, der lange Zeit den Handel bestimmt hat. Es gibt unendlich viele Art und Weisen, ihn zuzubereiten. Gesalzene und leicht geräuchert Heringe werden als Bückling bezeichnet. Eine echte Tradition: Jedes Jahr während des Karnevals werden dutzende Heringe in Dünkirchen vom Balkon des Rathauses geworfen.
Unser Restaurant-Tipp: La Matelote in Boulogne-sur-Mer Chefkoch Tony Letsienne ist auf die Zubereitung von Heringen spezialisiert und lädt Sie zu einem kulinarischen Ausflug in den größten Fischereihafen Frankreichs ein. Als Partner des MrGoodfish-Programms, das für einen nachhaltigen Konsum von Meeresprodukten entwickelt wurde, stammen alle Fische und Meeresfrüchte auf der Speisekarte aus nachhaltigem Fischfang.
Die Jakobsmuschel: guter Geschmack in Form eines Fächers aus der Normandie
Was sieht im geschlossenen Zustand wie ein Fächer aus und ist dank des einzigartigen Geschmacks der Star der besten Gourmetrestaurants? Die Jakobsmuschel! In der Normandie ist sie von Oktober bis Mitte Mai die Königin der Küste, wenn von Dieppe bis Port-en-Bessin die Fangschiffe der Muschelfänger am Werk sind, um den Meeresboden sanft auszubaggern. Dabei werden Quoten, Mindestgröße und brachliegende Sektoren strikt eingehalten. So wird die „echte“ Jakobsmuschel aus der Normandie mit ihrem zartem Muschelfleisch gefangen, auch „Pecten maximus“ genannt, welche mit dem „Label Rouge“ für besondere Qualität ausgezeichnet ist. Sie wird mit Calvados flambiert oder ganz einfach mit Zitronensaft geschmort. Da die Jakobsmuschel viele Spurenelemente wie Eisen, Zink und Magnesium sowie viele Vitamine enthält, ist sie der Fitness-Geheimtipp auf den Speisekarten der guten normannischen Restaurants. Wenn die Saison eröffnet wird und die Jakobsmuscheln „an Land“ gebracht werden, werden sie in allen Häfen entlang der normannischen Küste mit farbenfrohen Festen gefeiert. Kommen Sie an Bord?
Unser Restaurant-Tipp: Le Pily in Cherbourg Dieses Gourmet-Restaurant befindet sich im ehemaligen Hafenamt und bietet einen unglaublichen Blick auf den Hafen von Cherbourg. Der Teller hält, was er verspricht. Chefkoch Pierre Marion wählt seine Fische immer selbst aus, sobald die Fischer im Hafen eintreffen.
Algen, der Schatz der Meere aus der Bretagne
Ob braun, rot, blau oder grün: die in der Bretagne geernteten Algen bringen einen immer wieder zum Staunen! Von der Meeresbohne, die in der Pfanne gebraten wird, über Meerfarn, der aufgrund seines jodhaltigen Geschmacks beliebt ist, bis hin zur feinen, durchsichtigen Dulse (auch Lappentang genannt) mit ihrem kräftigen Geschmack, Nori, dem Sushi-Star, Spirulina, einem außergewöhnlichen Nahrungsergänzungsmittel, oder auch Meeressalat, der in Smoothies oder als Chips verzehrt werden kann... Die bretonische Küste ist das größte Algenfeld Europas. Roscoff ist mit seinem international anerkannten Forschungszentrum sogar zur „Hauptstadt der Algen“ geworden. Die Produktionsgebiete profitieren von der bemerkenswerten Wasserqualität, die eine Bio-Zertifizierung ermöglicht. Und wenn man bedenkt, dass die meisten Algen von Hand geerntet werden, und zwar auf dem Vorland bei Ebbe… Chapeau! Nur die Laminarien werden per Boot mit einem eigenartigen „Scoubidou“-Haken geerntet. Von den fast 800 Algenarten, die in der Bretagne vorkommen, sind etwa zehn für den Verkauf und Verzehr zugelassen. Das Talent der bretonischen Köche veredelt natürlich diesen Schatz des Meeres mit seinem beachtlichen Nährwert.
Unser Restaurant-Tipp: Castel’Ach à Plouguerneau, dans le Finistère Außergewöhnliche kulinarische Erfahrungen erwarten Sie im Gemeindeverband Iroise. Alles dreht sich rund um die bretonischen Algen – von der Vorspeise bis zum Dessert. Eine Kombination aus „Meeresgemüse“ und Gemüse aus dem Vorgarten… Innovative Gerichte aus regionalen Erzeugnissen!
Salz, das weiße Gold der Region Pays de la Loire
Die jahrhundertealte Geschichte des Salzes hat es in sich. Im Französischen sagt man passenderweise: „L’histoire ne manque pas de sel“ (dt. Der Geschichte fehlt es nicht an Salz). In der Region Pays de la Loire, insbesondere auf der Halbinsel Guérande oder weiter südlich in der Vendée auf der Île de Noirmoutier, wird Salz in den Salzgärten weiterhin von Hand geerntet, wo die Gezeiten, die Sonneneinstrahlung und der Wind seit jeher den Rhythmus der Arbeit der Salzbauern bestimmen. Mit dem Gütesiegel „Label Rouge“ und seiner geschützten geografischen Angabe bleibt das Salz aus Guérande die Referenz für Liebhaber des weißen Goldes, insbesondere für Fleur de Sel (die feine Kristallschicht, die an die Wasseroberfläche tritt), die unter den Chefköchen so beliebt ist! Gleiches gilt für Hugo Charcolin im Restaurant La Tête de l'Art in Guérande. Hier besteht das Menü aus lokalen Zutaten aus einem Umkreis von 25 km. Jedes Jahr am 5. Oktober wird anlässlich der Sainte Fleur ein Fest zu Ehren der Fleur de Sel ausgerichtet. Eine gute Gelegenheit, um bei der Salzernte zuzuschauen und es selbst einmal auszuprobieren.
Unser Restaurant-Tipp: La Tête de l'Art Hugo Charcolin ist ein Fan von kurzen Lieferketten und lokalen Produkten aus einem Umkreis von 25 km – ganz oben auf der Liste steht natürlich das Salz. Eine kreative Küche, die Sie im Herrenhaus von Porte Calon am Ortseingang von Guérande entdecken können.
Ausflug zu den Salzgärten der französischen Atlantikküste
50 Kilometer von Bordeaux entfernt, zwischen der großen Düne von Pilat und der Halbinsel Lège Cap-Ferret, liegt die Bucht von Arcachon wie ein kleines Binnenmeer inmitten der Wälder des Département Landes. In diesen sandigen, unruhigen Gewässern werden seit Jahrhunderten die berühmten Austern von Arcachon Cap Ferret mit ihrem so feinen, jodhaltigen Muschelfleisch produziert, und zwar nach Techniken, die zu 100 % natürlich geblieben sind. Nach einer Radtour umgeben vom Duft der Pinien gibt es kein größeres Vergnügen, als sich von einem Austernzüchter einige frische Austern öffnen zu lassen. Von den schlichten Hütten in den kleinen Häfen rund um Arcachon oder Cap Ferret, in Gujan Mestras, Le Canon oder L'Herbe aus beobachtet man das Kommen und Gehen der Plates, der für die Region typischen Boote, die ihre köstliche Fracht transportieren. Mit einem Spritzer Zitronensaft oder einer leckeren Schalottensoße sagt man sich: Wenn das Meer einen Geschmack hat, dann ist es dieser! Was den Veranstaltungskalender betrifft: Andernos-Les-Bains ist jeden ersten Samstag im Dezember ein beliebter Ort für Feierlichkeiten.
Unser Restaurant-Tipp: La Cabane 57 Am Hafen von Piraillan, gegenüber der Ile aux Oiseaux (dt. Vogelinsel), stehen die köstlichen Austern der Bucht von Arcachon auf dem Speiseplan. Hier können Sie es sich schmecken lassen und sich in die Geheimnisse der lokalen Austernzucht einweihen lassen. Besucher sind im Betrieb von Sylvie Latrille herzlich willkommen. Auf dem Programm stehen Kurse zum Thema Austern öffnen (für die Ungeschickten) und Ausflüge rund um das Thema der Gezeiten (für die Neugierigen).
Erkunden Sie das Bassin d'Arcachon in der Region Nouvelle-Aquitaine
Eine gute Bouillabaisse enthält Felsenfische aus der Provence
In jedem guten Bouillabaisse-Rezept, dieser typischen Spezialität aus Marseille und der Provence, wird man Ihnen sagen, dass man „ein bis drei Kilo Felsenfisch aus dem Mittelmeer“ benötigt, also Drachenkopf, Zackenbarsch, Galinette, St. Pierre, Petermännchen, Roter Knurrhahn, Wildbrasse, Muräne, Seeteufel oder Meeraalkopf. Das sind die Zutaten, die den Unterschied machen und dem Gericht, das lange Zeit ein „Arme-Leute-Essen“ aus Fischresten war, seinen einzigartigen Duft verleihen. In provenzalischen Familien wird das Rezept von Generation zu Generation weitergegeben, mit einigen wichtigen Tipps zu den Zutaten (mindestens sieben verschiedene Steinfische auswählen), zur Zubereitung („Lorsque cela bout, on baisse“, was so viel heißt wie „Wenn es kocht, Temperatur absenken“) und zum Servieren: immer zwei Teller, einer für den Fisch und einer für die Suppe, die mit Aioli, Rouille (provenzalische Soße) und mit Knoblauch eingeriebenen Brotcroutons verfeinert wird... Keine Bouillabaisse gleicht der anderen, am besten schmeckt diese Suppe jedoch in Marseille, in einem kleinen Ferienhaus in den Calanques oder gegenüber dem Alten Hafen. Unbedingt probieren!
Unser Restaurant-Tipp: Le Petit Nice in Marseille Am Ufer des blauen Mittelmeers, gegenüber den Frioul-Inseln, verfeinert Gerald Passedat, dessen Restaurant mit drei Michelin-Sterne ausgezeichnet ist, das Gericht seiner Kindheit mit drei Gängen aus Fisch, rohen Muscheln, Mittelgrund- sowie Tiefseefischen.
Seeigel, die „Kastanien des Meeres“ auf Korsika
Im Sommer, in den kristallklaren Gewässern der korsischen Buchten, sticht sich jeder, der sie berührt! Aber im Winter sind die Seeigel (die ausschließlich zwischen dem 15. Dezember und dem 15. April und mit Quoten gefangen werden dürfen) unter Kennern eine Delikatesse. Auf der Insel der Schönheit nennt man sie „I Zini“ und bezeichnet diese gefürchteten, mit Stacheln gespickten Tiere liebevoll als Seekastanien. Am besten schmecken sie am Strand, frisch aus dem Wasser und mit dem typischen u gulinaghju geöffnet (einer speziellen, äußerst praktischen Pinzette, um die zarten rot- oder orangefarbenen Korallen nicht zu beschädigen). Ein kleiner Löffel genügt, um das Innere herauszuholen, das man mit einem Stück Brot und einem Glas trockenen korsischen Weißwein genießen kann. Seeigel ist außerdem ein Gericht, das gerne in den Restaurants der kleinen korsischen Häfen geteilt wird, vor allem in Ajaccio, wo es als Spezialität gilt. Es ist nicht ungewöhnlich, dass i zini zusammen mit einigen Austern aus dem Étang de Diana, nicht weit von Bastia, serviert werden. Diese beiden Spezialitäten bilden eine köstliche Kombination für den feinen Gaumen.
Unser Restaurant-Tipp: Restaurant Neptune Plage in Ajaccio Auf der Straße, die zu den Sanguinaires-Inseln führt, lädt diese direkt am Strand gelegene, idyllische Terrasse zu einem Zwischenstopp ein. Kaum sitzt man am Tisch, knuspert und genießt man die Köstlichkeiten des korsischen Winters mitten in der Sonne. Einfach göttlich!
Sardellen: der Silberfisch der Côte Vermeille, Okzitanien
Er schwimmt im Schwarm und sieht aus wie eine Sardine. Dieser kleine Silberfisch mit seinem bläulichen Schimmer und seinem roten Fleisch hat jedoch einen ganz besonderen Geschmack, der ihn einzigartig macht! Schon die Römer liebten Sardellen, die im Mittelalter und in der Renaissance zu einer Delikatesse wurden. An der Côte Vermeille in Okzitanien hat sich die kleine Hafenstadt Collioure seit dieser Zeit darauf spezialisiert und ist ein Meister im Einsalzen der zarten Filets. Im 19. Jahrhundert, in Zeiten des Überflusses, konnte man bis zu 150 katalanische Boote zählen, die in den Nächten von Juni bis Juli mit der Lamparo-Technik Sardellen fischten! Heute gibt es keine Wunderfänge mehr, aber Collioure hat sich das Savoir-faire um das Salzen (von Hand), die Reifung und die Konservierung bewahrt. Im Jahr 2004 erhielt Collioure sogar die geschützte geografische Angabe für seine Sardellen, die in drei verschiedenen Arten erhältlich sind: Sardellen in Salz, Sardellenfilets in Salzlake und Sardellenfilets in Öl. Zwei renommierte Unternehmen führen hier die Tradition fort: die Familie Roque und die Konservenfabrik Desclaux. Fans aufgepasst: Die Kreationen (Filets, aber auch Sardellencreme, Anchoïade, gefüllte Oliven und Paprika...) sind ein kulinarischer Hochgenuss.
Geheimtipp: La cuisine-comptoir in Collioure Zubereiten und probieren, was von „kleinen“ Produzenten gefangen, gezüchtet, angebaut, vinifiziert und verarbeitet wurde – das ist das Motto dieses Restaurants, das Anhänger der Slow Food-Bewegung ist und in einem Fischerhaus im Dorf untergebracht ist. Man kann sich sogar die Zeit nehmen, sein eigenes Essen zuzubereiten, wenn man an einem „Table d’hôte participative“ (Kochworkshop zum Mitmachen) teilnimmt.
Von Anne-Claire Delorme
Journalistin und Globetrotterin anneclairedelorme@yahoo.fr