Seine Blüten mögen gelb sein, doch schon in der Renaissance färbte er die Kleidung der Könige royalblau - die Rede ist natürlich von Pastel, jener Pflanze, die man auch unter der Bezeichnung "Färberwaid" oder "Deutscher Indigo" kennt. Die Pflanze mit der latenischen Bezeichnung "Isatis Tinctoria" wird seit der Antike als Heilpflanze eingesetzt und verhalf vom 14. bis zum 17. Jahrhundert der Region Okzitanien zu großem Reichtum als "Pastel der Färber". Beinahe in Vergessenheit geraden, erlebt das "blaue Gold" von Okzitanien nun eine Renaissance!
La vie en...bleu: Pastel in all seinen Formen
Pastel wurde ursprünglich als Färbemittel genutzt (sein Name bezieht sich auf die "Paste" aus Blättern der Isatis tinctoria), aber kaum für die Malerei. Die Reste aus den Bottichen der Färber nutzte man wiederum, um Karren, Fensterläden und selbst die Hörner der Rinder zu bemalen, was Mücken fernhalten sollte. Heute verdanken wir Künstlern mit einer Leidenschaft für Pastel eine ganze Bandbreite von Kunstwerken und Textilien in den 13 Nuancen des okiztanischen Blautons. Die Farbnuancen wurden im 17. Jahrhundert festgelegt und variieren vom sehr hellen "Blauweiß" (bleu blanc) über "Höllenblau" (bleu d'enfer), das schon beinahe ins Grau/Schwarz geht, bis hin zu "Königsblau" (bleu de roi) und "Königinblau" (bleu de reine).
Über die Geschichte des blauen Goldes im Schlossmuseum des Pastel
Als seine aktuellen Besitzer im Jahr 1971 das Schloss Magrin vor dem Verfall retteten, schlugen sie zwei Fliegen mit einer Klappe: sie erhielten ein historisches Gebäude und rollten das längst vergessene Kapitel vom "Blau der Könige" neu auf. In der ehemaligen Festung, die zum Museum umgestaltet wurde, erinnert alles an die Sage vom blauen Gold: die Fassaden im Stil der Renaissance stehen als Sinnbild für jene Zeit, in der Okzitanien ganz Europa mit Pastel belieferte, aber auch der riesige Trockenraum, die Sammlungen von Manuskripten, Stoffen und Werkzeugen oder die letzte Mühle der Gegend zeugen von der einstigen Bedeutung des Rohstoffs. Im Garten schließlich erkennt man, wie ein Blau das andere verdrängen kann, wenn direkt neben den pastellblauen Sockeln die Indigostauden wachsen: der tropische Indigo sollte im 16. Jahrhundert schließlich den Pastel als blauen Farbstoff entthronen.
Die Geschichte einer Renaissance
Im Jahr 1994, nach einer "Pause" von mehr als einem Jahrhundert, haucht Bleu de Lecoutre der Pastelkultur neues Leben ein und passt sie an den Geschmack der Zeit an. Und seit 2016 kultiviert die kleine Marke aus dem Département Gers in Okzitanien auf 12 Hektar in biologischer Landwirtschaft wieder Pastel. Etwa die Hälfte der Anbaufläche wird für die Gewinnung von Samen genutzt, welche in der Kosmetikherstellung zum Einsatz kommen, die andere Hälfte wird für die Gewinnung von Blättern zur Farbherstellung verwendet. Die Methode zur Gewinnung der Farbpigmente hat sich seit der Zeit von Napoléon nicht verändert - Letzterer nutzte Pastel übrigens, um die Soldaten seines Kaiserreichs in blau zu kleiden. Obendrein sind etwa 30 kg der jährlichen Ernte zum Färben der 100% natürlichen Stoffe der Atelier-Boutique reserviert!
Denise Lambert: Pastel als Leidenschaft
Denise Lambert verbindet mit dem Pastel eine über 30-jährige "Liebesgeschichte". Mit ihrer Leidenschaft für natürliche Farben erlag sie dem Charme des "Pastels der Färber" und holte es aus der Vergessenheit. Seither gibt sie ihr Fachwissen als Künstlerin in ihrem Atelier in Roumens weiter, wo sie für Stylisten aus aller Welt Stoffe färbt... von Frankreich bis nach Japan! Dabei ist das Färben mit Pastel keine einfache Angelegenheit, meint die "Pastel-Meisterin". Es gilt als "kapriziertes Blau", ist jedoch sehr gut wasch- und lichtbeständig... und definitiv unnachahmlich!
Ein Körnchen Schönheit
Von medizinischer Heilkraft bis zum dermatologischen Nutzen... Pastel wurde schon in der Antike für seine hervorragende Wundheilkraft geschätzt. Das Samenkorn ist außerdem reich an Omega 3, 6 und 9. Was liegt also näher, als sich auch in der Kosmetik daran zu bedienen? Ein reichhaltiger Balsam aus Pastelöl oder ein straffendes Serum mit Anti-Aging Proteinen aus Pastel... Seit 2003 offenbart die Marke Graine de Pastel die Schönheitsgeheimnisse der wundersamen Pflanze. "Bleu par Nature" bietet in Terre de Pastel in der Nähe von Toulouse gleich ein 3-in-1 Erlebnis: ein Spa mit "Pastelotherapie", eine Boutique und ein Pastel-Museum!
Reichtümer aus dem "Pays de Cocagne"
Wissen Sie eigentlich, woher der Ausdruck "Pays de Cocagne" stammt? Er bedeutet in etwa "Land des Überflusses"/Schlaraffenland. Als "cocagnes" bezeichnete man die Bündel aus getrockneten Blättern, die aus Okzitanien über den Fluss Garonne nach ganz Europa exportiert wurden. Das vielzitierte "Land von Cocagne" liegt zwischen Toulouse, Albi und Carcasssonne, dem berühmten goldenen Dreieck des Pastels. In Toulouse sowie in Albi zeugen die Stadtpalais der Pastelhändler von der Opulenz dieses goldenen Zeitalters. In Toulouse, der "rosafarbenen Stadt", bestehen noch etwa 20 solcher Bauten, wie etwa das Hôtel Assézat, welches als prunkvollstes Beispiel gilt, oder auch das Hôtel de Bernuy mit seinem sechseckigem Turm - dem höchsten der Stadt! Das Tourismusbüro der Stadt organisiert spezielle Führungen zur Bedeutung von Pastel für die Stadt Toulouse.
Mehr Informationen: Ihr Urlaub in Okzitanien
Von Anne-Claire Delorme
Journalistin und Globetrotterin anneclairedelorme@yahoo.fr