Der Geograf Nicolas Bourgeois ist der stellvertretende Geschäftsführer des Pic du Midi, einem außergewöhnlichen Ort zum Sternebeobachten und um „sich Richtung Himmel fallen zu lassen“. Ein Interview.
France.fr: Inwiefern ist der Pic du Midi ein einzigartiger Ort, um die Sterne zu beobachten?
Nicolas Bourgeois: Die Sterne zu beobachten ist vor allem eine kontemplative Tätigkeit. Hier, in 2.877 Meter Höhe, verbinden sich irdische und himmlische Landschaftsformen auf geradezu fantastische Weise miteinander. Von der Sternwarte, die im 19. Jahrhundert erbaut wurde, hat man den schönsten Panoramablick auf die Bergkette der Pyrenäen. Und gleich darüber vollführen die Sterne der Milchstraße ihren leuchtenden Tanz. Der Pic du Midi ist eine Art Symbol für dieses ganze Gebiet, in dem man die Sterne beobachten kann. Natürlich bieten auch die benachbarten Gipfel dasselbe fantastische Spektakel.
France.fr: Sieht man von unten im Tal auch den Sternenhimmel?
N. B.: Ja, natürlich. Man kann den Pic du Midi mit dem Orchesterchef mehrerer Gebiete vergleichen, die alle zusammenspielen und an der Verminderung der Lichtverschmutzung arbeiten. Heute sind 50 % der Gemeinden des Departements Hautes-Pyrénées an dieser Bewegung beteiligt und verändern ihre Straßenbeleuchtung. Wir haben ein riesiges Lichtschutzgebiet geschaffen, das heute bereits über 3.300 km² groß ist. Um von diesem himmlischen Juwel profitieren zu können, haben Sie die Möglichkeit, einen Guide für einen Nachtausflug zu engagieren. Aber Sie können sich auch einfach ins Gras legen und Ihre Augen weit aufmachen.
„Seit tausenden von Jahren stellt sich jeder Mensch, der zu den Sternen aufblickt, dieselbe metaphysische Frage: Was ist mein Platz im Universum?“
France.fr: Aber ohne Ausrüstung sieht man wahrscheinlich nicht viel...
N. B.: Aber sicher. Unser Auge ist hervorragend dazu geeignet, die Sterne zu beobachten. Nehmen Sie sich dazu noch einen Liegestuhl und Sie sind bestens für das Spektakel ausgerüstet! Wenn man so unter dem Sternenhimmel liegt, hat man den Eindruck nach oben zu fallen, direkt in den Himmel hinein. Das ist ein sehr beeindruckendes Erlebnis mit geradezu universellen Gefühlen. Seit tausenden von Jahren stellt sich jeder Mensch, der zu den Sternen aufblickt, dieselbe metaphysische Frage: Was ist mein Platz im Universum?
France.fr: Wie ist es, eine Nacht auf dem Pic du Midi zu verbringen?
N. B.: Es ist ein unvergessliches Erlebnis. Da oben sind nur 27 Personen und ein, darunter ein Guide, der die ganze Nacht verfügbar ist. Im Lauf der Stunden verändert sich der Sternenhimmel, weil sich die Erde bewegt. Die Besucher können vor Ort alle Fragen stellen, die sie möchten und natürlich auch die Instrumente verwenden. Wir möchten sie allerdings nur nicht mit wissenschaftlichen Daten überhäufen. Wissen vermittelt man am besten, indem man Menschen zum Staunen bringt. Die Glücklichsten sind diejenigen, die während der Sommersaison kommen. Denn zu dieser Zeit ist die Erdneigung am stärksten und der Himmel am schönsten. Man entdeckt dann sehr südlich stehende Konstellationen, wie zum Beispiel die des Schützen. Ganz zu schweigen von den vielen Sternschnuppen. Während des Perseiden Meteorstroms sind bis zu 60 Sternschnuppen pro Stunde zu sehen.
France.fr: Lohnt es sich auch, wenn man tagsüber kommt?
N. B.: Sie werden garantiert nicht enttäuscht sein! Nutzen Sie die Gelegenheit, um eine Vorstellung im Planetarium zu besuchen. Es ist das höchstgelegenste Europas und befindet sich in der ältesten Kuppel der Welt... Dieses geniale Instrument ist den ganzen Tag über in Betrieb. Wir zeigen auch Filme. Diesen Sommer gibt es zum Beispiel anlässlich des 50. Jubliäums der Mondlandung einen Dokumentarfilm über die Apollo-Missionen zu sehen. Im September eröffnen wir eine öffentlich zugängliche Sternwarte. Die Besucher können dann selbstgemachte Fotos von Galaxien und Nebelflecken mit nach Hause nehmen.
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Von Stéphane Béchaux